LIebe Leserinnen und LeserIn seinem Corona-Tagebuch hat der Tessiner Schriftsteller Alberto Nessi die kleinen grünen Früchte eines Kirschbaums im Frühling kommentiert: «Auf das Reifen der Kirschen zu warten, ist nicht ohne Bedeutung, wenn es stimmt, dass eines der Übel der Gesellschaft der Mangel an Hoffnung ist». Man sehe die Zukunft als «Bedrohung, nicht als Versprechen». Diese «Vertrauensleere» sei eines der «traurigen Merkmale unserer Zeit».
In Entsprechung zu diesem Satz von Alberto Nessi bin ich überzeugt: Auch Weihnachten zu feiern ist nicht ohne Bedeutung, wenn es stimmt, dass wir in hoffnungsarmen Zeiten leben. Denn die Botschaft von Weihnachten übertrifft das Hoffen auf das Reifen der Kirschen. Sie besagt: Gott ist schon da. Sein Licht leuchtet längst – sei vieles noch so finster. Aber dieses Licht erstrahlt nicht dort, wo wir es vermuten. Es leuchtet auf dem Gesicht eines im Stall auf die Welt gekommenen Säuglings und nicht im Palast, in einem Dorf am Rand der Welt und nicht in den Zentren, wo das vermeintlich Wichtige geschieht. Und es gleicht eher der unscheinbaren, aber warmen Flamme einer Kerze als dem Glanz unserer Lichterketten.
Dass Corona uns einmal mehr zumutet, Weihnachten stiller, bescheidener zu feiern, schmälert die Bedeutung des Festes keineswegs. Mit den Augen des Kindes in der Krippe nach dem Ausschau zu halten, was unsere Herzen erwärmt und das Dunkel erhellt, ist nicht ohne Bedeutung in diesen Zeiten. Es kann uns die Kraft geben, der Vertrauensleere etwas entgegenzusetzen.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und: Starten sie gut ins neue Jahr
Daniel Kosch
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